Alltagsregime

Klare Regeln bestimmten den Alltag in «Anstalten», Heimen und an Pflegeplätzen. Lange stand die kollektive Erziehung vor individuellen Bedürfnissen. Der Alltag orientierte sich an der Arbeit. Doch es gab auch andere Erfahrungen.

© Verein Gesichter der Erinnerung, 2022

Ordnung & Regeln

Wenn eine Person in ein Heim, in eine «Anstalt» oder in eine Einrichtung versorgt wurde, verlor sie ihre persönliche Freiheit.

Sie musste sich dem hierarchischen Regime der Leitung und der von ihr vorgegebenen Tagesstruktur unterordnen. Strafen und Privilegien sorgten für Ordnung und Disziplin. Zusätzlich galt es, sich in einem Netz informeller Regeln zu behaupten, die unter den Internierten herrschten. ...

Über 1'000 Heime, «Anstalten» und andere Einrichtungen

Versorgt wurden die Betroffenen in Pflegefamilien oder in Einrichtungen. Verantwortlich für den Betrieb, die Finanzierung und die Aufsicht waren Kantone, Bezirke, Gemeinden oder Private sowie oft auch konfessionelle Trägerschaften.

Aufbruch zu mehr Individualität

Seit den 1960er-Jahren wurden individuelle Bedürfnisse stärker gewichtet. Der gesellschaftliche Aufbruch begünstigte Veränderungen.

Schwarz-Weiss Foto eines Zimmers in der Erziehungsanstalt Uitikon-Waldegg. Ein Jugendliche sitzt an seinem Arbeitstisch, links davon steht ein Bett mit einem Teppich davor. Am Fenster hängen Gardinen und an den Wänden Poster von Sportwagen.

Ein Jugendlicher in der «Arbeitserziehungsanstalt» Uitikon-Waldegg (ZH) arbeitet an seinem Schreibtisch (1970). Fotograf: Hans Gerber

Seit den 1960er-Jahren veränderten sich die Erziehungsvorstellungen in den Kinder- und Jugendheimen. Die Ausbildungen für das Personal wurden differenzierter und basierten zunehmend auf wissenschaftlichen Grundlagen. Individuelle Bedürfnisse und Privatsphäre wurden stärker gewichtet. Einheitliche Kleidung verschwand allmählich, auch Mädchen durften Hosen tragen, und Schlafsäle wurden zu privaten Zimmern, an deren Wänden Poster klebten. Der gesellschaftliche Aufbruch begünstigte diese Veränderungen. Gleichwohl wurden die Lebensbedingungen in den Erziehungsanstalten in der sogenannten Heimkampagne Anfang der 1970er-Jahre stark kritisiert.

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